Tag: legend

Jay Adams ist ein Gentleman. Mit seiner Entschlossenheit und seiner Offenheit ist er zu einer Symbolfigur der Skateboard-Kultur geworden. Mit seiner Art und seinem Style hat er Skater aller Generationen beeinflusst. Ein Nachruf.

Die Einheimischen steigen lässig die Treppe zum Spot Lower Trestles hinauf und wirken geknickt. Die Session wird vermutlich nicht aufregend gewesen sein. Eine quietschende Fahrradkette verrät nahende Radfahrer, die man vorbeilassen sollte. Zwei ältere Jungs treten leise in die Pedale, Bretter im Arm, ein Lächeln auf den Lippen. Der ältere von beiden, bis an die Schädeldecke tätowiert, ist eine Legende auf dem Board. Nicht nur in den leeren Swimmingpools der 70er hat er seine Spuren hinterlassen, sondern auch auf den meisten Wellen der Welt. Darüber hinaus hat er alle erdenklichen Drogen nasal, oral oder intravenös ausprobiert, je nach Lebensabschnitt, den er gerade durchlebte. Er hat sich wirklich für einen im Nonkonformismus verankerten Lifestyle entschieden.

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Eine lange Zeit in Vergessenheit geratene Legende wie Jay Adams kann man nicht einfach in eine Schublade stecken. Während ein Film den Spuren seiner Dogtown-Abenteuer nachgeht, feiern mehrere der neuen Nostalgie der Skate-Kultur gewidmete Filme seine Wiederauferstehung in Form seiner Freilassung aus der Haft. „Ihr habt Glück, mich für einen kleinen Talk zu treffen, Jungs! Ich bin seit knapp drei Monaten nicht mehr hinter Gittern, und da ich auf Bewährung bin, darf ich die Stadt nicht verlassen. Lasst mich am frühen Nachmittag surfen, und wir können uns für 17 Uhr im Bull Taco verabreden. Ich habe euch lange keines mehr gewährt, und darüber hinaus, ist das ein bisschen wie zu Hause: das ist das Restaurant meiner Frau!“, lädt er uns ein, als wir ihm ein Interview vorschlagen.

Bull Taco, San Clemente, 17 Uhr. Adams kreuzt hinter dem Lenkrad seines chromblitzenden Chevrolet Low Rider auf. Die Palmen spiegeln sich auf der Karosserie, und das stört ihn: „Ich werde das alles in mattschwarz neu lackieren. Das ist nicht mein Stil, dieses Glitzerding.“ Die Geschichte hat in seiner Patchwork-Familie begonnen, in der sein Stiefvater surfte und seine Mutter etwas zu viel trank. Jay wuchs zwischen Hawaii und Santa Monica auf und entfloh den niemals endenden Streitigkeiten eines unausgeglichenen Paares, indem er sich an den Strand verzog. Zu dieser Zeit war der Pacific Ocean Beach Park, der an Venice Beach angrenzte, mit seinen Biker-Kneipen, seinen Nutten, seinen Gangs und seinen Dealern, die an der Strandpromenade, an der Brandung den Ton angaben, der Spot schlechthin.

„Obwohl ich als Skater bekannt bin, darf man nicht vergessen, dass ich eigentlich alles dem Surfen verdanke. Es sind die Fluten, die mich zum Skaten gebracht haben“
, erinnert er sich. Seine Freundschaft mit Tony Alva, Stacy Peralta, Darius Anderson und Allen Sarlo haben sich im Line-Up ergeben. Die Kids amüsierten sich, tauschten Tricks aus, träumten von einer Zukunft. Diese hat sich in einem Holzbrett mit daran montierten kleinen Rollen materialisiert. Die Jugendlichen versuchten, auf dem Asphalt Lines ihrer Lieblingssurfer nachzufahren: Gerry Lopez, Wayne Lynch, Miki Dora. Das Lernen war schwierig, aber ohne es selbst zu wissen, waren die Z-Boys Vorreiter. Sie prägten eine Subkultur des Surfens und eine komplette Revolution. Unter dem Druck von Skip Engblom, dem Manager des Zephyr Skate Teams, meldeten sich Jay und seine Komparsen für einige Contests an. 1975 in Del Mar landete Adams auf dem ersten Platz eines für seine Verhältnisse zu klassischen Wettbewerbs: „Wir wollten etwas Neues. Dieser Titel, das war noch das Skaten unserer Großväter. Wir waren so anders als die anderen Teilnehmer, und übrigens hatten wir auch Glück, denn es war heiß, sehr heiß in diesem Sommer…“, erklärt Jay.

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Die Z-Boys wollten Innovationen, und das extrem trockene Klima hatte dazu beigetragen, dass die Pools der unbewohnten Villen von Los Angeles und den Vororten ausgetrocknet waren, so dass die Skater dort Trannies und Vert erkunden konnten. Die Entwicklung einer radikaleren Air-Praxis verblüffte die große Öffentlichkeit genauso wie sie die Behörden vor Probleme stellte; schließlich waren die dafür zuständig, die Vandalen zu verfolgen, die einen Großteil ihrer Zeit damit verbrachten, Hausfriedensbruch auf Privatgrundstücken mit Pools zu begehen. Jay, der sich seines Potenzials bewusst war, und motiviert, die Praxis zu erneuern, legte sich mächtig ins Zeug, ja er explodierte geradezu, doch dann plötzlich verschwand er von der Bildfläche mit einem brutalen Übergang vom weltweiten Erfolg zur organisierten Schlappe. Gerade als die Industrie, die Sponsoren, die Fotografen und die Medien auf ihn aufmerksam wurden, gerade, als der Sport begonnen hatte, Ruhm und einen gewissen Ruf zu erlangen, schien Jay nur noch aus Vergnügen zu fahren.

Ab diesem Moment verwickelte er sich in das Chaos eines immer exzessiveren Lebens. „Der Punk-Rock erschien so um 1975 auf der Bildfläche, und er hat mich sofort verführt. Ich identifizierte mich total mit diesem Leben, aber letztendlich hat es mir ziemlich viel Scherereien eingebracht, die mit Schlägereien, Drogen, Alkohol, Betrügereien, Gefängnis und Gewalt zusammenhingen. Nichts Gutes, das kannst du mir glauben. Es ist eigentlich nicht schwer zu verstehen, aber ich habe viel Zeit gebraucht, um zu kapieren, dass ein saufender und rebellierender Typ, der seine Nächte im Wesentlichen außer Haus verbringt, mit Problemen endet“, scheint Adams zu bedauern. T.Y.T.L. – Thirty Years Too Late („Dreißig Jahre zu spät“), die Gruppe, bei der damals er als Sänger agierte, um seiner Wut, seinem Hass Ausdruck zu verleihen, indem er wie ein Besessener ins Mikro schrie, war hierzu die notwendige Größe, für sein Leben jedoch schädlich. Zu einer Zeit, als die Skater/Surfer/Punk-Rocker keine Bürgerrechte besaßen, kompromittierte Jay die Gesellschaft noch mehr: in eine Schlägerei verwickelt, die zum Tod eines Menschen führte, wurde er zu einer langen Haftstrafe verurteilt.

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Der Ruf des Z-Boys ist genauso verblasst wie die lebendige Leuchtkraft der Tattoos, die inzwischen fast die gesamte Fläche seiner Epidermis einnehmen. Jay erinnert sich an die ersten fertiggestellten Körperbilder: „Das allererste war ein Kreuz; anschließend habe ich ziemlich viele Dinge stechen lassen, aber einzeln. Einige davon schienen mir wichtig: Der Vorname meiner Tochter, zu der ich leider keinen Kontakt mehr habe (Venice Adams, seine Tochter, trägt den Namen der Stadt, die den Skater verraten) und das 100% Skateboarder for Life, das für meine Leidenschaft steht. Heute habe ich überhaupt keine Lust mehr in ein Studio zu gehen.“

Gleichwohl ist Unterwegssein nach wie vor wichtig, was zählt, ist die Reise – und der Ride: „Ich war von neuen Ländern immer fasziniert und beruhigt. Ich habe schon ein paar Orte zwischen Mexiko, Indonesien, Hawaii, Frankreich, Italien besucht“, eröffnet er und pustet die im Moment durch die von seinem Richter in seinem letzten Prozess auferlegten zu engen Grenzen blockierte Person weg. Dennoch erklärt der vielfache Wiederholungstäter, der an die Hafteinrichtungen gewohnt ist, dass seine endgültige Freiheit nahe ist, da er sich nun auf dem Pfad Gottes befindet”, wie er sagt. Der Glaube ist ein weiteres Versprechen. Adams knabbert an den Tacos mit Guacamole und spuckt dabei auf die Terrasse des Restaurants, den Blick manchmal verloren und unsicher, als ob er nicht so ganz davon überzeugt wäre, dass er sich in Orange County überhaupt wohlfühlt.

„San Clemente ist trotzdem cool. Es gibt Parks, unglaubliche Wellen, meine Frau Tracy, gute Freunde, von denen die Familie Fletcher fast wie meine zweite Familie ist. Außerdem gehe ich abends nicht mehr weg. Ich habe mir eine neue stabilere Umgebung geschaffen. Ich habe ganz schön die Grenzen ausgetestet. Vor allem bei meinen Ex-Frauen“, gibt der Rebell zu, bevor er mit Nathan Fletcher ein Treffen ausmacht, der kurz vorbeikommt. Sie gehen am nächsten Tag skaten. Die junge Tracy, seine Ehefrau, schüttelt ihre langen, dunkel gefärbten Haare, während sie das Restaurant für den kommenden Abend vorbereitet. Extrem tätowiert und lächelnd weist sie uns daraufhin, dass wir ihr gerne unsere Bestellung aufgeben können. Jay führt fort: „Ich war lange Zeit gegen alles, ohne dass ich den eigentlichen Grund meiner Revolte hätte nennen können. Jetzt, da ich mich entwickelt habe, versuche ich aus meinen Erfahrungen Vorteile zu ziehen, indem ich versuche, jungen Straffälligen unter die Arme zu greifen. Ich erzähle ihnen meine Geschichte, von meiner Sucht und den Problemen, die sich daraus ergeben haben, und versuche so, etwas zu bewirken. Man kann cool sein, ohne an jeder Ecke einer Katastrophe zu entgehen, nur um durchgeknallter zu erscheinen, oder?“

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Das Ende der Bewährungszeit von Adams war auf Januar 2014 festgesetzt. Die Wellen der North Shore warteten bis dahin auf die Rückkehr der Legende, die offensichtlich seine eigene Philosophie entwickelt hat: „Ich habe Generationen von Ridern seit meiner Jugend und in solch einem Ausmaß gesehen, dass mir die Wendung gefällt, die die Dinge genommen haben. Alles geht weiter, höher, die Tricks sind sehr technisch. Vielleicht gehen die Erwartungen bestimmter Kids von heute nicht in die richtige Richtung. Man muss vor allem zu seinem eigenen Vergnügen fahren, und ich sehe viele Newcomer, die sich fälschlicherweise in eine Reihe mit Kelly Slater oder Tony Hawk stellen. Nur, man macht das nicht wegen des Ruhmes. Jeder von ihnen müsste davon träumen, ein Duane Peters zu werden. Ein Typ wie Danny Way hat das sofort begriffen.“

Die Pilgerreise ist nicht zu Ende, und vielleicht beginnt sie ja sogar erst, sofern es Jay nicht mehr auf seinen Beinen hält. Im Augenblick ist jeder Tag eine Gelegenheit, Wellen zu reiten oder Copings zu grinden mit Unterstützung von Sponsoren (Z-Flex, Black Flys, Osiris, Tracker, Nixon, Hurley), die es letztendlich ablehnen, das Bild einer Legende zu verwenden, deren Wunsch es vielmehr ist, von den Starlights geschützt zu werden. Jay Adams ist sicherlich der professionellste Freerider mit der längsten und exemplarischsten Karriere. Wenn er auch einen Teil seines chaotischen Lebens bereut, verdankt er es vielleicht auch und unglücklicherweise genau diesem, dass ihn sein Bekanntheitsgrad auch in Zukunft weiterhin übersteigt. Jay, 100% skateboarder for life, forever.

Von Olivier Dézèque

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